EXPERTENINTERVIEW EXPERTENTELEFON \"Inflation\" am 07.04.2011
Eine Standardempfehlung für Anleger lautet immer, das Geld möglichst breit zu streuen. Was bedeutet das heute konkret?
- Dr. Annabel Oelmann: Dies bedeutet, dass man in unterschiedliche Produktklassen investieren sollte. Neben der Anlage in Tagesgeld, Festgeld und Sparanlagen können dazu auch Investmentfonds und Sachwerte gehören. Wie die konkrete Aufteilung aussehen sollte, ist individuell sehr verschieden. Das hängt von der Größe des Vermögens, aber natürlich auch von der persönlichen Bereitschaft zum Risiko ab.
Viele Menschen machen sich Sorgen wegen der Euro-Krise und der Inflation. Wie sicher ist das Geld, das in Deutschland bei Banken, Sparkassen und Versicherungen angelegt ist?
- Dr. Annabel Oelmann: Momentan sehen wir bei der Sicherheit von Geld etwa auf Sparkonten oder Tagesgeldern keine Probleme – vorausgesetzt, die Anleger beachten die Höchstgrenze der deutschen gesetzlichen Einlagensicherung. Diese beträgt seit Januar 2011 pro Bank und Sparer 100.000 Euro. Wer sich wegen einer möglicherweise steigenden Inflation Sorgen macht, sollte sein Geld in Produktklassen investieren, bei denen er kurzfristig über sein Geld verfügen kann – um im Zweifel wechseln zu können.
Aus Angst vor der Inflation flüchten viele Menschen in "Betongold". Was muss bei der Finanzierung einer Immobilie beachtet werden?
- Dr. Annabel Oelmann: Wer ohnehin plant, eine Immobilie zu finanzieren, sollte dies auch tun. Allerdings ist Angst immer ein schlechter Ratgeber, daher sollte die Furcht vor Inflation hier nicht ausschlaggebend sein. Wichtig sind ein vernünftiges Finanzierungskonzept und ein passendes Objekt in einer guten Lage.
Woran erkenne ich als Normalverbraucher eine gute Beratungsqualität in Sachen Geldanlage?
- Dr. Annabel Oelmann: Es sollte in einem solchen Gespräch vornehmlich um die Ziele des Anlegers und nicht um irgendwelche Produkte gehen. Dem Anleger werden Vor- und Nachteile des Investments dargelegt und er wird nicht unter Zeitdruck gesetzt. Vor einem möglichen Abschluss bekommt er schriftliche Unterlagen wie das gesetzlich vorgeschriebene Beratungsprotokoll bei Wertpapierberatungen ausgehändigt – ohne dass er hier schon etwas unterschreiben muss.
Was halten Sie von Aktien oder Aktienfonds und was muss man bei dieser Art der Anlage beachten?
- Dr. Annabel Oelmann: Aktien und Aktienfonds können – je nach individueller Risikoeinstellung und Erfahrung – durchaus zu einem gut sortierten Portfolio dazugehören. Die Direktanlage in einzelne Aktien ist aus unserer Sicht aber nur etwas für erfahrene Anleger. Wir raten Verbrauchern hier eher zu Aktienfonds oder ETFs, um Risiken systematisch zu reduzieren.
Was sind ETFs?
- Dr. Annabel Oelmann: ETFs sind Exchanged Traded Funds, also passiv gemanagte Investmentfonds, die nicht in einzelne Aktien, sondern in einen Index wie etwa den DAX investieren. Das ist ein grundlegender Unterschied zu herkömmlichen Investmentfonds. Diese kaufen Anleger nämlich in der Regel direkt von der Fondsgesellschaft - vermittelt durch eine Bank. Ebenso entscheidend ist, dass ETFs in der Regel keine aktive Wertpapierauswahl betreiben. Sie beschränken sich einfach darauf, die Entwicklung eines Börsenindex abzubilden. Dadurch ist die laufende Managementgebühr deutlich geringer als bei herkömmlichen Investmentfonds.
Griechische oder portugiesische Staatsanleihen bringen eine deutlich höhere Rendite als etwa eine Bundesanleihe. Würden Sie den Kauf von Staatsanleihen aus "Krisenländern" empfehlen?
- Dr. Annabel Oelmann: Eine höhere Rendite bedeutet immer auch, dass ich ein höheres Risiko eingehen muss. Hier muss jeder Anleger letztendlich selbst wissen, ob er dazu bereit ist.
Was wird aus dem Euro? Sind die Ängste vor einem Ende der Eurozone berechtigt?
- Dr. Annabel Oelmann: Wer sein Geld in einer anderen Währung als dem Euro anlegt, geht ein Währungsrisiko ein – schließlich will er das Geld ja eines Tages wieder in Euro zurücktauschen. Ist der Euro dann schwächer, macht der Anleger einen Währungsgewinn, ansonsten einen Währungsverlust. Die Gefahr, dass die Eurozone am Ende ist, sehen wir derzeit nicht.
Was würden Sie einem Dreißigjährigen raten, der Kapital für die Altersvorsorge aufbauen will?
- Dr. Annabel Oelmann: Die Altersvorsorge ist ein wichtiges Ziel, allerdings nur eines unter vielen. Hier sollte jeder prüfen, inwieweit er staatliche Fördermöglichkeiten wie Riester oder die betriebliche Altersvorsorge in Anspruch nehmen kann und will. Wer anders spart, verzichtet zwar oft auf Rendite, bewahrt sich aber im Gegenzug mehr Flexibilität. Welcher Weg oder Mix tatsächlich geeignet ist, hängt vom Einzelfall ab.
Was halten Sie von Unternehmensanleihen und was muss man dabei beachten?
- Dr. Annabel Oelmann: Auch Unternehmensanleihen können zu einem Portfolio dazugehören. Verbraucher sollten hier allerdings genau hinschauen, wem sie ihr Geld anvertrauen, denn sie geben dem Unternehmen einen Kredit. Geht es pleite, bleibt oft nur die Hoffnung auf die Konkursmasse – der Staat hilft hier nicht.
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